Zukunftsfähige Strategien für Planung, Bau und Organisation von Krankenhäusern
Bestehende Strukturen anpassen
Krankenhäuser müssen sich darauf einstellen, in Zukunft mehr ältere, multimorbide Patienten zu behandeln. Welche Konsequenzen hat dies für Planung, Bau und Organisation des Krankenhauses der Zukunft? Welche Strategien sind notwendig, um dafür gerüstet zu sein? Die 2. Zürcher Fachkonferenz über Strategien für das Krankenhaus der Zukunft hatte deshalb einen Schwerpunkt auf dem Einfluss des demografischen Wandels gelegt.
Bessere Anreizsysteme, industrielles, strategisches Denken und Strukturen nach Kernkompetenzen forderte Prof. Dr. Michael Wendt von der Klinik für Anästhesiologie und lntensivmedizin der Universität Greifswald und Leiter der Konferenz. Der Weg führe zur lnterdisziplinarität. Generell gäbe es ein geriatrisches Problem, das aber nur Teil eines generellen Problems sei. Schon allein die Unterbringung vertrauter Zusatzpersonen könnte eine Bereicherung in der Pflege der Patienten sein. Professor Wendt sieht die Zukunft auch in Systemen wie der ,Regional Health Care‘, eines gesundheitlichen Versorgungsnetzwerks, das an regionalen Erfordernissen ausgerichtet ist. Hochbetagte sind die am schnellsten wachsende Bevölkerungs- und Patientengruppe. Auf eine entsprechend ansteigende Menge an Komorbiditäten muss ein Krankenhaus in Zukunft eingestellt sein. Dr. Daniel Grob vom Stadtspital Waid, Zürich (Schweiz), zeigte sehr anschaulich die neuen Anforderungen an Spitäler durch den demografischen Wandel. Eine Verkürzung der Spitalaufenthaltsdauer bei hochbetagten, polymorbiden
Menschen funktioniere nicht über eine Eff izienzsteigerung. Wichtig seien eine Patientenselektion und damit die Übertragung pflegerische,
sozialarbeiterischer und rehabilitativer Leistungen in die heimische Pflege sowie in Alters- und Pflegeheime.
lmmer mehr Hochbetagte im Krankenhaus
Die DRGs seien nicht altersgerecht, klagte Professor Grob. Die Zukunft erfordere den Aufbau geriatriegerechter Abteilungen in Krankenhäusern (Akutgeriatrien). Kliniken und das DRG-System müssten zum Beispiel ,sterbefreundlicher‘ werden. Zusammen mit den wichtigen Anpassungen in den Prozessen ist auch eine strategische Bauplanung erforderlich, um ein Krankenhaus zukunftsfähig zu machen. Dass ein Masterplan als Raumstrategieplan – losgelöst von finanziellen Zusagen und Gremienbeschlüssen – für die nächsten 15 bis 20 Jahre unabdingbar ist, zeigte Dr. Till Hornung am Beispiel des Landeskrankenhauses Feldkirch (Vorarlberg, Österreich). Hornung sieht diesen ausdrücklich nicht als reines Bauprojekt, statisches lnstrument oder Argumentationshilfe für oder gegen einzelne Themen. Eine konsequente Masterplanung sei das richtige lnstrument, um ein Haus aus einer komplexen Ausgangslage in eine konsistente bauliche Entwicklung zu führen.
Masterplan als Raumstrategieplan
Als kritische Erfolgsfaktoren erwiesen sich neben einer stringenten Vorgehensweise klar formulierte strategische Eckpunkte und eine permanente gemeinsame Sicht von Management sowie Architekten auf das Gesamtbild. Aus Akzeptanzgründen biete sich an, aus einer Masterplanung zeitnah erste Projekte aufzusetzen. Am LKH Feldkirch waren dies diverse Kleinprojekte und ein zentrales Projekt (zum Beispiel eine OP-Spange für ca. 40 Mio. Euro). Oft wird mit den zu hohen Kosten argumentiert, weshalb wichtige lnvestitionen nicht getätigt werden können.
Prof. Dr.-lng. Tom Guthknecht, Dozent an der ETH Zürich und ebenfalls einer der Tagungsleiter forderte eine unmittelbare Gegenüberstellung von lnvestitions- und Betriebskosten. Bei ehrlicher Berechnung könne ein Krankenhausbau seiner Einschätzung zufolge sogar gratis realisiert werden. Wie ist das möglich? Das Budget für Bau und Unterhalt beträgt ca. fünf bis sieben Prozent der Betriebskosten. Mit lntegral Process Design, das sich auf wenige Zielbereiche beschränkt, ließen sich ca. zehn Prozent der Betriebskosten einsparen. Sogar wenn nur die Hälfte der Potenziale umgesetzt würde, wären alle Baukosten gratis, rechnete Professor Guthknecht vor.
lnvestitions- und Betriebskosten gegenüberstellen
lm Krankenhaus mangele es nicht selten an prospektiver Planung und Steuerung. Engpässe bestimmten die Leistungsfähigkeit eines Systems. Professor Guthknecht plädierte daher für eine dynamische Planung. Eine entsprechend aufwändige lT, die der hohen lnvestition im Spital angemessen wäre, werde nicht eingesetzt. Der Fokus auf die Wurzeln der Engpässe ermögliche eine entsprechende Systemanpassung.
Der Experte empfahl ein Vorgehen nach fünf Punkten:
- ldentifikation der Engpässe,
- optimierte Engpassauslastung,
- Entscheidungen der optimalen Engpassauslastung unterordnen,
- Beseitigung der Engpässe,
- nach Beseitigung erster Engpässe weitere Optimierungsschleifen durchlaufen.
Bei Bauprojekten gehören Überlegungen zur Energieeffizienz heutzutage dazu. ,,Däs Problem ist nicht der Energieverbrauch, sondern die damit verbundene, negative Umweltwirkung. Also muss die Umweltwirkung und nicht einfach der Energieverbrauch optimiert werden „, sagte Paul Eggimann vom Hochbauamt des Kantons Zürich. Bestehende Vorschriften zur Gebäudeisolation verlangten beispielsweise bereits einen so hohen Standard, dass weitere Dämmungen (zum Beispiel über Minergie-B einen Schweizer Standard, hinaus) nur noch eine geringe Wirkung entfalten würden. Hier weiter auf die Optimierung des Energieverbrauchs zu setzen, wäre dann nur teuer und wenig umweltwirksam.
BIM ist im Kommen
Dr. Michael Küpper; Geschäftsführer der M+ Management, sprach eines der aktuellsten Themen an: Building lnformation Modeling (BlM). Der Begriff beschreibt eine Methode der optimierten und softwaregestützten Planung, Ausführung und Bewirtschaftung von Gebäuden. Dabei werden die Gebäudedaten digital erfasst, kombiniert und vernetzt. Das Gebäude wird als virtuelles Gebäudemodell dreidimensional dargestellt. Die Erwartungen an BIM seien hoch. So solle die Zusammenarbeit der verschiedenen Planer besser und schneller, Entwicklungsfehler rechtzeitig erkannt und vermindert sowie damit insgesamt Kosten und Zeit gespart werden.
ln den USA und in England sowie einigen skandinavischen Ländern wird bei öffentlichen Ausschreibungen bereits verbindlich gefordert, dass die Baudokumentation in 3D zur Verfügung gestellt wird. Dieser Trend ist auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz absehbar. Kurzfristig wurde daher Ende Januar noch eine Veranstaltung zu diesem Thema angeboten. Das Felix Platter-Spital in Basel wird im April 2013 eine Ausschreibung für den zweistufigen Wettbewerb starten und einen Gesamtleister suchen. Jean Luc Perrin, Leiter Facility Management, ist der Meinung, die klassische Projektentwicklung mit ihrer Phase der Kostenoptimierungsrunde habe ausgedient. Er sieht BIM als ultimative Möglichkeit an.
Die Hersteller von BIM-Software stellten sich mit ihren verschiedenen Systemen den Fragen der Teilnehmer. Dabei zeigte sich, dass die Schnittstellenfrage für die Anwender sehr wichtig ist und teilweise noch eine Hürde darstellt. Aufgrund der großen Nachfrage wird Blezinger Healthcare diese spezielle Veranstaltung auch in Deutschland anbieten. Die nächste Veranstaltung zum Thema BIM im Krankenhausbau findet am 6. Juni 2013 in München statt. Für die 3. Fachkonferenz „Spital der Zukunft“ vom 17. bis 19. Oktober 2013 in Luzern können bis zum 30. April können noch Vorschläge für Referenten oder Themen eingereicht werden.
Erschienen in der Fachzeitschrift Krankenhaus Technik + Management (Ausgabe 3 / 2013). Den Artikel als PDF herunterladen.