Wichtige Faktoren für Planung, Bau und Organisation eines Krankenhauses
Es kommt nicht auf die Größe an …
Die monistische Finanzierung von Bau und Betrieb eines Krankenhauses einzig über die medizinische Vergütung reicht bei Weitem nicht aus. Es muss zwingend anders finanziert und anders gewirtschaftet werden, um die Zukunft nachhaltig zu sichern. Wie dies erreicht werden kann, wurde im Rahmen einer Fachkonferenz mit dem Schwerpunkt ,Finanzierung des Spitals der Zukunft’ in Zürich erörtert. Fast 100 Fachleute aus den Bereichen Krankenhausverwaltung, Medizin, Architektur, Technik und Planung aus ganz Europa kamen zusammen, um umsetzbare Lösungen zu finden. Es wurde eine Reihe von Modellen vorgestellt und diskutiert. Dabei spielten Fragen der Finanzierung und der wirtschaftlichen Organisation eine zentrale Rolle.
Basis ist ein belastbarer Businessplan, mit dem eine Finanzierung von (Bau-)Vorhaben über einen Investor erst möglich wird. Mit einem klaren Strategiekonzept für einen eigenen Markt mit schlanken Betriebskonzepten ist ein positives Ergebnis realistisch darstellbar. Prof. Dr. oec. Peter Rohner (BEG & Partners AG, Schaffhausen) zeigte eindrucksvoll, dass es durchaus möglich und realistisch ist, Kapitalgeber zu mobilisieren. Rentabilität, Sicherheit und Fristen sind dabei für Kapitalgeber entscheidende Kriterien. Erreichbar ist dies durch Prozessorganisation und sektorenübergreifende Kooperation. Der Bau eines Krankenhauses muss sich am Patientenfluss und den Supportprozessen orientieren statt zum Beispiel an Funktionen nach DIN 13080. Erst danach sollte ein Architekturwettbewerb lanciert werden.
Prof. em. Dr. Hans Ruh von der Universität Zürich zeigte, dass sogar eine ethische Finanzierung möglich ist. Er konstatierte eine Zunahme moralischer Ansprüche und ein Bedürfnis nach Sinn in der postmateriellen Gesellschaft. Diese Ansprüche würden nun marktrelevant. Demnach sei eine ethische Finanzierung auch ökonomisch sinnvoll. Dazu passt auch das gestiegene Interesse an mehr Umweltverträglichkeit beim Bauen. Wie Jürgen Zimmermann von Arcadis zeigte, sind auch ökologische Standards bezahlbar – eben weil sie zu nachhaltigen Einsparungen zum Beispiel beim Strombedarf (Beleuchtung durch LED) und beim Heiz- und Primärenergiebedarf (Gebäudeoptimierung) führen. Eine DGNB-Zertifizierung ohne zusätzliche Investitionskosten wird dabei angestrebt.
Einbettzimmer sind ohne Weiteres möglich
Ein weiteres Thema war die immer wieder diskutierte Frage der Einbettzimmer. Vom Kantonsspital Winterthur war dazu eine Studie in Auftrag gegeben worden. Ergebnis: Einbettzimmer sind nicht mehr wie früher nur ein Wunschtraum, sondern ohne große Änderungen architektonisch umsetzbar. Die Zimmer sollten allerdings so groß sein, dass ein zweites Bett – zum Beispiel für den Partner des Patienten – integriert werden kann. Die Partner wirken nicht nur sozial unterstützend, sondern entlasten auch das Pflegepersonal, was dann wieder um auch betriebswirtschaftlich positive Konsequenzen hat. Kostensenkend wirkt sich unter vielem anderen auch aus, dass zum Beispiel die Bettenzentrale verkleinert werden kann (Bereitstellung im Zimmer) und die Infektionsrate deutlich sinkt. Idealerweise ist die Zimmernutzung flexibel (optionale Raumtrennung). Die Studie zeigt laut Dimphie Slooters von der Metron Architektur AG, die die Berechnungen dazu ausgeführt hat, dass Einbettzimmer durchaus auch wirtschaftlich sinnvoll sein können.
,Billig’ bauen ist kontraproduktiv
Tagungsleiter Prof. Dr. med. Michael Wendt, Ärztlicher Leiter der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin der Universitätsmedizin Greifswald, kritisierte zu geringes Prozessmanagement, das zu ,falschem‘ Bauen führe: Wenn von vornherein so gespart wird, dass in einem Krankenhaus der Eindruck entsteht, es sei ,billig’, hinterlässt dies keinen guten Eindruck und ist kontraproduktiv. Auf der anderen Seite gehe es auch nicht um reine Größe in der Architektur, sondern vielmehr um Konzepte. Bedarfsadaptierte und intelligente Betriebskonzepte seien gefragt. Gerade in Polikliniken sei noch viel Einsparpotenzial vorhanden. Mit dem Zusammenfassen von Bereichen und Funktionen, mit Service und Hotelcharakter könne man noch richtig sparen. Grundsätzlich sei der Anteil der Medizin an den Kosten gering, meist ist die Logistik dominant. Was an Logistikkonzepten visionär denkbar ist, wurde von Carol Wallerich eindrucksvoll am Beispiel des Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf gezeigt. Er fordert Mut zum Systemwechsel: Weg von der klassischen Materialwirtschaft, hin zu mehr Verantwortung in der Versorgungskette.
Den Blickwinkel ändern
Mut zur Veränderung forderte auch Dr. Andreas Gattiker vom GZO Spital Wetzikon. In seinem sehr modern organisierten Spital wurden Rechtsform (Bilanz- und Fremdkapitalfähigkeit), Struktur (Gewaltenteilung, Führungsstruktur etc.), Anstellungsbedingungen (Abschaffung des Honorarpools, Leistungsprämien etc.) und Kultur innerhalb weniger Jahre auf einen hochmodernen Stand gebracht. ‚Nicht aufgeben‘ ist dabei sein Credo: Hindernisse überwinden und das Ziel nicht aus den Augen verlieren. Den Blickwinkel ändern, eingefahrene Wege verlassen und Neues wagen, das wurde von allen Referenten gefordert.
Grundsätzlich gilt: Viele Änderungen und Investitionen amortisieren sich schon bald, das Beharren auf dem Status quo kann hingegen langfristig sehr teuer werden. Funktional und prozessorientiert muss das Krankenhaus der Zukunft sein, die Mitarbeitenden und Patienten müssen sich wohl fühlen können. Und das Krankenhaus muss lebendig sein (Einkaufsmöglichkeiten, Restaurants etc.).
Prof. Dr. med. Michael Wendt von der Universitätsmedizin Greifswald ist gerade dabei, in seiner Klinik ein Prozessmanagement umzusetzen, das durchaus mit einem Industriebetrieb vergleichbar ist. Er entwickelt mit seinem Team zurzeit die dafür notwendigen Kennzahlen und wird dabei von moderner EDV unterstützt. Wer sich für die Details dieses Projekts interessiert: Die Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin öffnet ihre Tore. Am 1. und 2. sowie am 29. und 30. März 2012 ist für maximal 20 Personen eine Besichtigung der Klinik möglich. Dabei werden auch die innovativen Konzepte vorgestellt und diskutiert. Details und Anmeldung bei Blezinger Healthcare (Kosten: 540 Euro inklusive Übernachtung und Verpflegung). Die nächste Konferenz ,Innovative Investitionskonzepte’ findet vom 21. bis 22. Juni 2012 in Berlin, die 2. Züricher Fachkonferenz zum Thema ,Finanzierung des Spitals der Zukunft’ vom 1. bis 3. November 2012 in Zürich statt.
Erschienen in der Fachzeitschrift Krankenhaus Technik + Management (Ausgabe 12 / 2011). Den Artikel als PDF herunterladen.