In den Niederlanden werden zurzeit die in Europa modernsten Spitäler fertig gestellt. Viel Wert wird dabei auf modernste Technik und die IT gelegt mit dem Ziel des papierlosen, gut vernetzten Spitals. Auch in den Niederlanden ist dieses Ziel noch nicht erreicht, die Weichen dafür sind jedoch bereits gestellt.
Flexibilität und Prozesse beim Neu- und Umbau von Spitälern sind dauerhafte Themen. Wege und Räume können effizienter und nachhaltiger geplant werden, wenn Prozesse gut durchdacht werden und Anpassungen flexibel möglich sind. Dasselbe gilt auch für die Gebäude- und Haustechnik. Die heutigen Anforderungen verlangen auch bei der Haus- und Gebäudetechnik eine hohe Flexibilität und möglichst optimale Anpassung an die (hoffentlich ebenfalls optimalen) Prozesse. In den Niederlanden wurden in den aktuellen und sehr spannenden Spital-Neubauten auch für die Schweiz interessante Ansätze umgesetzt.
Revolutionäre Neuerungen bei Abfallentsorgung
Bereits zwei Spitäler, das Zaans Medisch Centrum und Reinier de Graaf Ziekenhuis in den Niederlanden und möglicherweise auch bald das Universitätsspital Zürich, setzen bei der Abfallentsorgung auf eine bisher noch weitgehend unbekannte Technik, die die Abfallentsorgung revolutionieren könnte. Mit dem sogenannten Pharmafilter wird der Abfall (auch Spritzen, Bettpfannen, etc.) bereits dort, wo er anfällt – zum Beispiel direkt auf den Stationen – in Schreddern zerkleinert und zu einer hauseigenen Reinigungsanlage geleitet. Ergänzt wird das System durch Einwegbettpfannen und -urinflaschen aus Bioplastik. Diese werden ebenfalls einfach ungereinigt in die Abfallbehälter geworfen.
Wie funktioniert das? Feststoffe werden zunächst herausfiltriert, vergärt und sterilisiert. Das gesamte Abwasser wird zuerst mechanisch, dann biologisch gereinigt und mit Ozon und Aktivkohle behandelt. Es soll danach sauberer sein, als wenn es eine normale ARA (Abwasserreinigungs-Anlage) durchlaufen hätte. Zurzeit prüft das Universitätsspital Zürich intensiv, ob das System auch in der Schweiz eingesetzt werden kann. Verschiedene kommunale, kantonale und eidgenössische Instanzen müssen noch ihre Zustimmung erteilen. Die Pluspunkte des Systems sind:
- Zeiteinsparung und verbesserte Hygiene, da das Reinigen in den Steckbeckenspülern entfällt.
- Das gereinigte Abwasser kann wiederverwendet werden: für WC-Spülungen, für die Schredder, für die Kühlung, für die Bewässerung von Grünflächen. Gemäss ersten Schätzungen würde der Trinkwasserbedarf um rund 60 Prozent reduziert.
- Es fallen weniger Abfallgebühren an.
Laut Auskunft des Reinier de Graaf Ziekenhuis wurde die Müllentsorgung von fünfmal pro Woche, auf ein Mal reduziert. - Es werden weniger Transporte in Korridoren und Liften benötigt.
- Bei der Vergärung des Klärschlamms entsteht Biogas, aus dem Energie gewonnen werden kann.
Die Nachteile sind:
- Investitionen und der Platzbedarf für die Pharmafilter-Anlage
- Die Kosten des Einwegmaterials
Eine Machbarkeitsstudie mit Wirtschaftlichkeitsrechnung wird derzeit erarbeitet. Zum jetzigen Zeitpunkt lässt sich nur sagen, dass eine Bewilligung des Pharmafilter-Systems von den zuständigen Ämtern nicht ausgeschlossen wird.
Nachhaltigkeit
Nachhaltigkeit war auch beim Bau des Medisch Spectrum Twente (MST), einem 600-Betten Haus an der Grenze zu Deutschland, ein wichtiges Thema. 2016 fertig gestellt, ist es ein extrem modernes Spital. Alle Bauteile wurden im laufenden Betrieb hinter der alten Fassade renoviert und modernisiert. Während des Baus wurden Teile recycelt.
Beispielsweise wurde eine Luftaufbereitungsanlage umgebaut und in die vorhandenen Heiz- und Kühlmaschine integriert. Mit dem Neubau sollte im MTS ein Healing Environment gestaltet werden. Dazu wurden im gesamten überdachten Haus Strassen und Höfe gestaltet und viel Glas verbaut. In den offenen Bereichen wird dabei nicht streng klimatisiert. Die Betonkernaktivierung wird – aufgrund der Energieeffizienz, aber auch zur Erhöhung des Patientenkomforts – in den holländischen Spitälern häufig eingesetzt. Im MTS können die Patienten individuell die ihnen angenehme Temperatur durch über den Betten angebrachte Stahlplatten selbst regulieren.
Gebäudeautomation
Das «Isala» in Zwolle gehört mit über 1000 Betten zu den grössten Spitälern der Niederlande. Der im August 2013 eröffnete Neubau mit anthroposophischem Ansatz soll mit seinen Baukörpern an Schmetterlinge, die miteinander verbunden sind, erinnern. Jeder der vier «Schmetterlinge» hat eine eigene Funktion: Im ersten befinden sich die Labore, die Sterilisation und das Logistikzentrum. Dieses ist über unterirdische Gänge mit allen Gebäudeteilen verbunden. Schmetterling zwei ist mit acht Stockwerken das höchste Gebäude:
In den unteren drei Etagen befinden sich Klinikbereiche, darüber die Stationen. OP-Säle, Intensivstationen, Ambulanzen, Radiologie, Nuklearmedizin und die Notfallversorgung sind im dritten Gebäudekomplex untergebracht. Auf dem Dach befindet sich der Hubschrauberlandeplatz.
Die kompakte Gebäudehülle mit hochwertiger Dämmung und Mehrfachverglasung vermeidet unnötige Wärmeverluste im Winter und eine Aufheizung im Sommer. Mit Erdwärme/Geothermie wird das Gebäude im Sommer gekühlt und im Winter beheizt. Selbst der Lift arbeitet effizient: Wenn er anhält, wird die freigesetzte Energie gespeichert und später zum Anfahren genutzt.
Miteinander vernetzt
Da alle Leitungen über abgehängte Zwischendecken gezogen werden konnten, entfielen aufwendige Arbeiten für Kabelkanäle in der Wand während der eigentlichen Bauphase. Sämtliche relevanten Komponenten der technischen Anlagen, einschliesslich der Beleuchtung, Brandmelde-, Einbruch- und Zutrittskontrolle sowie die Installation in den OP-Sälen sind miteinander vernetzt – für ein Plus an Sicherheit und Komfort, aber auch, um Energie effizient einzusetzen.
So sind in den Bädern und Toiletten Automatikschalter verbaut, die das Licht beim Betreten ein- und kurz nach Verlassen des Raumes wieder ausschalten. Mehrheitlich funktioniert die Beleuchtung aber nicht nur nach Präsenz, sondern auch auf die Helligkeit des Tageslichts abgestimmt: Nachts schaltet die Beleuchtung beispielsweise in den Fluren ein, wird es dann mit Tagesanbruch heller, dimmt die künstliche Beleuchtung automatisch herunter, so dass einerseits immer ein definierter Helligkeitswert erreicht, andererseits keine unnötige Lichtenergie verschwendet wird. Im Sommer fahren die Storen automatisch bei direktem Sonneneinfall herunter. Räume, die nicht in Gebrauch sind, werden zudem nicht unnötig beheizt und gekühlt. Auch der Hubschrauberlandeplatz ist in das intelligente System eingebunden: Ist ein Hubschrauber im Anflug oder will starten, schaltet die Beleuchtung der Plattform ein und die Jalousien der benachbarten Fenster fahren automatisch nach oben.
Gebäudeautomation
Das «Isala» in Zwolle gehört mit über 1000 Betten zu den grössten Spitälern der Niederlande. Der im August 2013 eröffnete Neubau mit anthroposophischem Ansatz soll mit seinen Baukörpern an Schmetterlinge, die miteinander verbunden sind, erinnern. Jeder der vier «Schmetterlinge» hat eine eigene Funktion: Im ersten befinden sich die Labore, die Sterilisation und das Logistikzentrum. Dieses ist über unterirdische Gänge mit allen Gebäudeteilen verbunden. Schmetterling zwei ist mit acht Stockwerken das höchste Gebäude:
In den unteren drei Etagen befinden sich Klinikbereiche, darüber die Stationen. OP-Säle, Intensivstationen, Ambulanzen, Radiologie, Nuklearmedizin und die Notfallversorgung sind im dritten Gebäudekomplex untergebracht. Auf dem Dach befindet sich der Hubschrauberlandeplatz.
Die kompakte Gebäudehülle mit hochwertiger Dämmung und Mehrfachverglasung vermeidet unnötige Wärmeverluste im Winter und eine Aufheizung im Sommer. Mit Erdwärme/Geothermie wird das Gebäude im Sommer gekühlt und im Winter beheizt. Selbst der Lift arbeitet effizient: Wenn er anhält, wird die freigesetzte Energie gespeichert und später zum Anfahren genutzt.
Vorreiter für BIM
Auch im Bau setzt sich die IT als Basis der Steuerung und Informationspool durch. Die Hälfte der Niederländischen Architekten haben BIM bereits implementiert, was sich besonders für Spitäler als grosse und komplexe Gebäude besonders anbietet. Die Probleme sind vielfältig: ob es sich um den langfristigen Gebäudeplan oder akuten Serviceanfrage handelt: die Wiedergewinnung und die Zuverlässigkeit der Daten sind von entscheidender Bedeutung. Die Daten werden regelmässig und auf lange Sicht erforderlich sein, so dass eine nachhaltige Informationspolitik nötig ist.
Ein interessantes Projekt ist die Erstellung eines Online-Raum-Buchs für den Neubau im Erasmus Medical Center (insgesamt 185 000 m2). So kann beispielsweise Inventar leichter beschafft oder koordinierter bewegt werden. Erasmus MC entwickelte eine Vision für das Informationsmanagement. Wie in der elektronischen Patientenakte sollen in die elektronische Gebäudedatei alle Eigenschaftsdaten zusammengebracht oder in einem integrierten Gebäudemodell verbunden werden. Daher ist die Prämisse, dass alle Immobilien-Informationsdaten offenen Standards entsprechen und geteilt werden.
Künftige Anforderungen
Im Medisch Spectrum Twente werden bereits Tablets für die Patienten eingesetzt. Patienteninformationen werden als App zur Verfügung gestellt. Im Orbis Medical Center werden die Storen vom Bett aus angesteuert. Kombinationen dieser Art sind das, worauf sich die Haus- und Gebäudetechnik einstellen sollte: die Zukunft!
Erschienen in der Fachzeitschrift Best Partner für Kliniken, Spitäler und Heime (Ausgabe 2017). Den Artikel als PDF herunterladen.