Wie die Zukunft aussieht, kann niemand wissen. Schaut man sich aber an, was heute im Bereich Facility Management – von der Infrastruktur bis zur Haus- und Gebäudetechnik – schon möglich ist und woran die Unternehmen bereits arbeiten, kann man einen realistischen Eindruck der möglichen Szenarien gewinnen.
Die Planung von Heimen und Spitälern erfordert weise Voraussicht. Der Blick in die Zukunft ist wichtig, um auf sich ändernde Anforderungen flexibel reagieren zu können. Wer in den vergangenen Jahren noch in Aktenschränke statt in Server investiert hat, wird zukünftig mit erheblichen Kosten für die Nachrüstung rechnen müssen. Dabei ist der Blick über den Tellerrand immer hilfreich, um ein Gefühl für Trends und Möglichkeiten zu bekommen.
Technik und IT
Es ist schon sehr wahrscheinlich, dass Technik und IT in Zukunft weiter zusammenwachsen. Das Stichwort heisst «Internet der Dinge». Im Spital sind das bereits heute beispielsweise Matratzen und Fussböden, die Bewegungsprofile der Patienten aufzeichnen und mit verschiedenen Algorithmen – je nach Bedarf – auswerten. Viel wird sich in nächster Zeit tun bezüglich der Überwachung im Spital, Heim und daheim. Das neue Karolinska Hospital (Stockholm, Schweden) wird nach Fertigstellung im kommenden Jahr zu den modernsten Spitäler Europas gehören. Der äusserst grosszügige Bau mit langen Fluren ist nur sinnvoll, weil die Überwachung auf den Stationen via Kamera in den Zimmern geplant ist. Die Pflegekräfte können von einem zentralen Standort aus alle Zimmer überwachen und sparen sich dadurch etliche lange Wege, die Patienten werden weniger gestört und sind dennoch unter guter Beobachtung. Wenn dadurch mehr Zeit bleibt, um sich intensiver um die Patienten zu kümmern, ist dies ein durchaus interessantes Konzept.
Auch für die Patienten und Besucher wird der Einsatz moderner Technologien eine grössere Rolle spielen. Im Dänischen Spital Aarhus werden die Patienten mit einer eigenen «Spital-App» durch das Krankenhaus geführt und haben dadurch zusätzlich noch Zugang zu den verschiedenen Serviceleistungen des Spitals. IT-Unterstützung erhalten ausserdem die Aufnahme, Patientenruf, Monitore, Tracing, etc. Fast komplett papierfrei ist das Deventer Ziekenhuis in den Niederlanden. Die Daten der Patienten werden mit Ausweis und Foto an der Rezeption erfasst und direkt elektronisch an die entsprechende Abteilung weitergegeben. In Ravensburg (Deutschland) wird zurzeit ein Spital gebaut, bei dem im Bereich der Intensiv- und Notfallmedizin ein farbiges Lichtkonzept je nach Bedarf elektronisch gesteuert werden kann. Die Pflegekräfte sind extrem angetan von der Idee und nutzen das System hauptsächlich zur Beruhigung der Patienten.
Im norwegischen Akershus Universitetssykehus (Ahus) wird schon länger auf den Einsatz von IT gesetzt. Nach der Verschreibung (via Tablet!) wird das Rezept automatisch geprüft, die Information gelangt direkt zur Apotheke, dort wird Just-in-Time in Einzeldosen produziert und per Rohrpost wieder an die Station versandt. Administration und Dokumentation erfolgt via Barcode-Scan. Schon wesentlich länger wird im Orbis Medical Center in den Niederlanden auf Automatisierung gesetzt. 2009 als «Spital der Zukunft» fertig gestellt, beeindruckt es noch immer durch seine durchdachten Prozesse und das moderne Konzept. Auch im neuen Spital Odense University Hospital (OUH) in Dänemark, das voraussichtlich 2022 eröffnet wird, ist eine hohe Automatisierung fest eingeplant: Der horizontale Transport wird über automatische Warentransportsysteme geführt, alle vertikalen Transportströme über automatisierte Lagersysteme und Rohrpostsysteme.
Die heute oft – zu Recht – geforderte Flexibilität kann in einigen Fällen nur mit Hilfe der IT sinnvoll umgesetzt werden. Grossraumbüros, wie sie in den Niederlanden in den Spitälern schon häufig vorhanden sind, benötigen eine ausgereifte IT-Infrastruktur, Licht, Dokumentation, Waren- (und Patienten-?) Transport, Energie und sogar der Bau können mit Hilfe der IT gesteuert werden. Es sieht aus als wäre dies erst der Anfang einer rapiden Entwicklung im Spitalbereich.
Technik wird oft rein funktionell gestaltet. Dass dies nicht sein muss, zeigt das Akershus University Hospital in Norwegen: Gleich beim Eingang wird offensichtlich, wie viel Wert darauf gelegt wurde, dem Haus den Spitalcharakter zu nehmen: Ein Lüftungsschacht wurde als Kunstwerk gestaltet. Betritt man das Gebäude, fällt zunächst die enorme Höhe auf und die sehr helle und luftige Struktur. Die Haupthalle ist wie eine (Einkaufs)Strasse gestaltet, in der sich kleine «Häuschen» für Besucher und Patienten befinden, in denen sich auch Internet-Terminals befinden. WLAN ist übrigens in allen Spitälern in Skandinavien kostenlos verfügbar. Aber: So schön die grosszügige und luftige Struktur auch ist: Energetisch ist sie inakzeptabel. Heute würde eine solche Planung vermutlich nicht mehr genehmigt.
Im University Medical Center Groningen (Niederlande) wurde über der Magistrale ein bewegliches Glasdach konstruiert, das bei schönem Wetter komplett geöffnet werden kann. Im Spital hat man so eher das Gefühl, durch eine Stadt zu flanieren als im Spital zu sein.
Bei der Energieversorgung hat sich das Erasmus Medical Center (Rotterdam, Niederlande) bereits im Jahr 2008 für eine 100 Prozent «Grüne Stromversorgung» entschieden. Auf dem Areal wurde in 180 Meter Tiefe eine Kälte/Wärme-Anlage installiert. Die begrünten Dächer besitzen eine Oberfläche von 12 500 Quadratmetern (ca. 2 Fussballfelder). In Bozen entsteht zurzeit das erste Krankenhaus Europas in Klimahaus A – Ausführung. Hier sind die verschiebbaren textilen Sonnenschutzelemente (übergrosse Schiebetüren 5200 x 2800 mm, Flügelgewichte bis zu 400 kg) mit BUS-Steuerung ausgestattet – individuell als auch durch die Hausleittechnik bedienbar.
BIM im Einsatz
Beim Bau ist das Building Information Modeling (BIM) ein Thema, um das man in Zukunft nicht herumkommen wird. BIM verbindet Technik, IT, FM und Bau. E-Health und Digitalisierung werden – wie oben erwähnt – in Skandinavien stark vorangetrieben. Deutlich zeigt sich dies bereits in der Planungs- und Bauphase. Alle Spitäler wurden in 3D mit Autodesk Revit (BIM, Building Information Modelling) geplant. Diese 3D-Modelle werden den Spitälern nach Fertigstellung übergeben und können in die hausinternen Systeme eingebunden werden. Änderungen während der Bauphase können so aktuell von allen involvierten Parteien gleichzeitig umgesetzt werden. Alle Daten sind daher dem Spital auch nach Fertigstellung jederzeit zugänglich. Auf der Baustelle des Karolinksa konnte man den Einsatz von BIM am deutlichsten wahrnehmen: Die Handwerker waren mit Tablets ausgestattet, auf denen die Pläne permanent aktualisiert vorlagen. Als erstes Schweizer Spital drängte das Felix-Platter-Spital in Basel auf den BIM-Einsatz beim Bau. Es bleibt spannend mitzuverfolgen, wie sich diese Technik im praktischen Einsatz bewährt.
Erschienen in der Fachzeitschrift Best Partner für Kliniken, Spitäler und Heime 2 / 2016